Die Zeit rast davon. Nur noch 49 Tage. Heute Abend in 7 Wochen um 22:00
gibt es kein Zurück mehr. Dann fällt der Startschuss für einen Lauf ins Dunkle,
ins Ungewisse. Viele sagen, es ist ein Lauf zum eigenen ich. Bereitet mir das jetzt
Angst oder Freude? Ich habe keine Ahnung was mich erwartet.
Andere, doch wesentlich kürzere Distanzen lassen
sich noch irgendwie gestalten und halbwegs strukturieren. Aber bei diesen 100km
habe ich manchmal das Gefühl die Grenzen des Vorstellbaren zu überschreiten. Ich muss mich von meiner stets so wichtigen
Planungshoheit, alles doch irgendwie im Griff haben zu wollen, verabschieden. Planung
war gestern, jetzt muss improvisiert werden. Ich merke inzwischen immer
deutlicher, dass mein Kopftheater den ganz großen Auftritt probt. Alle denkbaren
Probleme und Hindernisse, die ich mir über Werner Sonntag‘s „Bieler Juni
Nächte“ und noch mehr mit den sehr subjektiv geschriebenen Laufberichten von
Aktiven der letzten Jahre angelesen habe, bieten jetzt das nötige Futter für
alle möglichen Schreckensszenarien. Manchmal ist es doch ein Fehler alles zu
genau wissen zu wollen. Aber all diese Erkenntnisse gibt mein Kopf nun nicht
mehr her. Das ist unwiderruflich gespeichert und wird nun bewusst, vielmehr jedoch
unkontrolliert, nicht von mir steuerbar an die große Leinwand geschmissen. Vor 2 Jahren waren die 100km von Biel für mich noch ein idyllischer Landschaftslauf aus den Augen von Reiner Fischbach (youtube - alpenkiwi-Video), komprimiert auf 9 Minuten und 51 Sekunden. Inzwischen ist diese Strecke für mich ein nicht enden wollender Tatort geworden.
Undurchsichtig, zweifelhaft, beängstigend, besorgniserregend. Kein Löschprogramm der Welt kann jetzt dem inneren Schweinehund die Fernbedienung aus seinen Klauen reißen. Damit muss ich jetzt leben. Der Eindruck wird immer intensiver, dass es um mich herum von Tag zu Tag einsamer wird. Ich wiederhole mich, ich weiss. Mein Wunsch und auch die Freude des Mitteilens verlagert sich inzwischen dahingehend, diesem inneren Köder nur noch so wenig Leine wie möglich zu gewähren. Wo noch bis vor Wochen unzählige Berichte, Bücher, Laufzeitschriften und starkvergrößerte Ausdrucke der aktuellen Laufstrecke zugegeben ein wenig zu dominant unser Zuhause schmückten, kehrt inzwischen unaufhaltsam Normalität ein. Mein Alltag sehnt sich momentan mehr nach Abwechslung als nach Fokussierung und Eintönigkeit. Macht die "Bieler Nacht" depressiv? Ich bin mir sicher, dass diese Achterbahnfahrt auch wieder luftigere Höhen erklimmt. Es ist ein stetes auf und ab. Ende ungewiss... es bleibt spannend.
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