Kann es das nur in Deutschland geben? Manchmal glaube ich ja. Dass sich Anwohner gegen Spielplätze und Kindertagesstätten beschweren, ist bei uns ja schon fast bitterer Alltag. Warum sinken die Anzahl von Geburten? Warum sind wir eine veraltete Gesellschaft?
In Einsamkeit, würdelos sterben? Und genau das versuchen die Hospize zu verhindern.
Aber jetzt habe ich durch Zufall erfahren, dass man im Süden Hamburgs, in Harburg gegen die Eröffnung eines Hospizes vor Gericht zieht. Das Hospiz soll am 12.Dezember 2013 eröffnet. Am 13.12.2013 entscheidet ein Gericht über die Klage eines Nachbarehepaares, ob das Gebäude abgerissen werden muss.
In welcher Welt leben wir eigentlich. Sterben gehört wie die Geburt zu unserem Leben. Daher sollten wir auch menschlich mit diesem Thema umgehen, und allen die Möglichkeit geben in Würde zu sterben.
  
"So spiegelt sich in der Klage der 
grassierende Egoismus einer Volksbewegung, die Soziologen "Nimby" nennen
 ("Not in My Backyard" – nicht in meinem Hinterhof). In der öffentlichen
 Debatte wird es zwar niemals eine Mehrheit gegen gesellschaftlich 
gewünschte wie notwendige Einrichtungen geben, es würde auch keiner 
dagegen argumentieren. Doch viele Menschen ändern genau in dem Moment 
ihre Meinung, wenn sie selbst betroffen sind und eine dieser 
Einrichtungen in ihre unmittelbare Nähe ziehen will: Ob Hospiz oder 
Kindergarten, Jugendheim oder Flüchtlingsunterkunft, findige Anwohner 
und noch findigere Rechtsanwälte werden immer einen Grund finden, warum 
es überall gern, nur leider gerade hier eben nicht entstehen darf. 
Während öffentliche Debatten immer politisch korrekter und sozial 
gerechter werden, wagen Einzelne im Fall der eigenen Betroffenheit immer
 asozialere Vorgehensweisen: St. Florian regiert längst Deutschland.
Im Fall des Hospizes Harburg 
kommt ein weiterer Aspekt hinzu. Die moderne Gesellschaft, und daran 
ändert auch der ritualisiert begangene Totensonntag nichts, hat den Tod 
aus der Öffentlichkeit verdrängt. So wie Nachbarn ein Hospiz als 
Zumutung wahrnehmen, gelten Leichenwagen als Belästigung, wird das 
Sterben zum Störfall. Vor 100 Jahren starben die meisten Menschen zu 
Hause – heute kommt der Tod meist in Alten- oder Pflegeheimen oder in 
Krankenhäusern. Nur jeder fünfte Deutsche entschläft in seinen eigenen 
vier Wänden, im Kreise seiner Familie. Während früher schon Kinder den 
Tod als letzten Teil des Lebens wahr- und annehmen konnten, wird er 
heute verdrängt, verlagert, verleugnet. Ausgerechnet unsere vermeintlich
 tabulose Gesellschaft tabuisiert den Tod als Teil des Lebens. Er ist 
der Störfall in einer diesseitsfixierten materialistischen Welt; er 
stellt zu viele kluge Fragen nach dem Sinn, die wir nicht hören wollen. 
Der Tod provoziert überall, nicht nur in Harburg-Langenbek.
Gerade die Hospizbewegung 
setzt ein Zeichen dagegen. Sie holt den Tod zurück ins Leben und gibt 
den Sterbenden die Würde zurück. Hier können todkranke Menschen von 
Freunden und Familie auf ihrem letzten Weg begleitet werden. Die 
Begründerin Cicely Saunders brachte es mit einem Satz auf den Punkt: "Es
 geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr 
Leben.""