Montag, 2. Dezember 2013

Ein Anwohnerpaar klagt gegen die Eröffnung des Hospiz in Harburg

http://www.hospiz-harburg.de/startseite.html
Kann es das nur in Deutschland geben? Manchmal glaube ich ja. Dass sich Anwohner gegen Spielplätze und Kindertagesstätten beschweren, ist bei uns ja schon fast bitterer Alltag. Warum sinken die Anzahl von Geburten? Warum sind wir eine veraltete Gesellschaft?
In Einsamkeit, würdelos sterben? Und genau das versuchen die Hospize zu verhindern.

Aber jetzt habe ich durch Zufall erfahren, dass man im Süden Hamburgs, in Harburg gegen die Eröffnung eines Hospizes vor Gericht zieht. Das Hospiz soll am 12.Dezember 2013 eröffnet. Am 13.12.2013 entscheidet ein Gericht über die Klage eines Nachbarehepaares, ob das Gebäude abgerissen werden muss.


In welcher Welt leben wir eigentlich. Sterben gehört wie die Geburt zu unserem Leben. Daher sollten wir auch menschlich mit diesem Thema umgehen, und allen die Möglichkeit geben in Würde zu sterben.
"So spiegelt sich in der Klage der grassierende Egoismus einer Volksbewegung, die Soziologen "Nimby" nennen ("Not in My Backyard" – nicht in meinem Hinterhof). In der öffentlichen Debatte wird es zwar niemals eine Mehrheit gegen gesellschaftlich gewünschte wie notwendige Einrichtungen geben, es würde auch keiner dagegen argumentieren. Doch viele Menschen ändern genau in dem Moment ihre Meinung, wenn sie selbst betroffen sind und eine dieser Einrichtungen in ihre unmittelbare Nähe ziehen will: Ob Hospiz oder Kindergarten, Jugendheim oder Flüchtlingsunterkunft, findige Anwohner und noch findigere Rechtsanwälte werden immer einen Grund finden, warum es überall gern, nur leider gerade hier eben nicht entstehen darf. Während öffentliche Debatten immer politisch korrekter und sozial gerechter werden, wagen Einzelne im Fall der eigenen Betroffenheit immer asozialere Vorgehensweisen: St. Florian regiert längst Deutschland.
Im Fall des Hospizes Harburg kommt ein weiterer Aspekt hinzu. Die moderne Gesellschaft, und daran ändert auch der ritualisiert begangene Totensonntag nichts, hat den Tod aus der Öffentlichkeit verdrängt. So wie Nachbarn ein Hospiz als Zumutung wahrnehmen, gelten Leichenwagen als Belästigung, wird das Sterben zum Störfall. Vor 100 Jahren starben die meisten Menschen zu Hause – heute kommt der Tod meist in Alten- oder Pflegeheimen oder in Krankenhäusern. Nur jeder fünfte Deutsche entschläft in seinen eigenen vier Wänden, im Kreise seiner Familie. Während früher schon Kinder den Tod als letzten Teil des Lebens wahr- und annehmen konnten, wird er heute verdrängt, verlagert, verleugnet. Ausgerechnet unsere vermeintlich tabulose Gesellschaft tabuisiert den Tod als Teil des Lebens. Er ist der Störfall in einer diesseitsfixierten materialistischen Welt; er stellt zu viele kluge Fragen nach dem Sinn, die wir nicht hören wollen. Der Tod provoziert überall, nicht nur in Harburg-Langenbek.
Gerade die Hospizbewegung setzt ein Zeichen dagegen. Sie holt den Tod zurück ins Leben und gibt den Sterbenden die Würde zurück. Hier können todkranke Menschen von Freunden und Familie auf ihrem letzten Weg begleitet werden. Die Begründerin Cicely Saunders brachte es mit einem Satz auf den Punkt: "Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.""

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